Gottesdienst zum Sonntag misericordias domini 26.04.2020
Autor: Prädikant Friedrich Gasper

Vorspiel
Du bist mein guter Hirte
Melodie nach Johann Crüger 1598-1662
Textautor unbekannt

Tenorflöte Claudia Gasper
Strophe 1
Du bist mein guter Hirte,
mein Heiland Jesus Christ;
zur Herde das Verirrte
herzugekommen ist
Einst ließest Du Dein Leben,
für mich gabst Du Dein Blut;
jetzt bin ich Dir gegeben
vom Vater in die Hut.
Strophe 2
Du bist mein guter Hirte,
auf den ich einzig schau,
der liebevoll mich führte
auf frische, grüne Au,
zum Wasser mich geleitet
und meine Seel erquickt,
den Tisch vor mir bereitet,
mein Haupt mit Öl geschmückt.
Strophe 3
Du bist mein guter Hirte,
ich fürchte nichts bei Dir;
erleichterst jede Bürde
und bleibst allzeit bei mir.
Durch's finstre Tal der Schrecken
in Frieden wand‘re ich,
Dein Wort, Dein Stab, Dein Stecken,
Herr Jesu, trösten mich.
Strophe 4
Du bist mein guter Hirte,
das Schäflein folget Dir,
das einst so weit Verirrte –
bald trägst Du's heim von hier.
Vom Vater Dir gegeben,
bleib ich Dein Eigentum;
Du selber bist mein Leben,
mein Heil, mein Lied, mein Ruhm!
Begrüßung

Liebe Internetgemeinde, ich freue mich sehr, dass Sie sich etwas Zeit für diese Seite nehmen. Seien Sie herzlich willkommen zu unserem heutigem Lesegottesdienst. Der 2. Sonntag nach Ostern hat zwei verschiedene Namen, misericordias domini oder Hirtensonntag.
Misericordias domini leitet sich vom Beginn des 2. Verses in Psalm 89Luther bzw. Psalm 88 Vulgataab.
Misericordias Domini in aeternum cantabo Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich.
Der Name Hirtensonntag bezieht sich dagegen auf den Wochenspruch aus Joh 10,11a und 27–28a:
"Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben."
Jesus, der gute Hirte ist heute auch unser Thema.

Votum

Liebe Gemeinde, Gott ist unabhängig von Raum und Zeit. Deshalb sind wir, auch wenn wir räumlich getrennt sind und diese Seite zu verschieden Zeiten besuchen, durch Gott mit einander verbunden.
Und so feiern wir diesen Gottesdienst gemeinsam im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herren, der Himmel und Erde gemacht hat;
der Wort und Treue hält und nicht loslässt das Werk seiner Hände.
Amen
Psalm 23

Am Hirtensonntag liegt es natürlich nahe, dass wir Psalm 23 lesen, den Psalm vom guten Hirten.
Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
AT-Lesung:Hes. 34,1–2+10–16+31

600 Jahre vor Jesus Christus, als die das Volk Israel im babylonischen Exil war, läßt Gott durch den Propheten Hesekiel verkünden, dass er die Hirten, die Könige Israels absetzt und sich selbst um sein Volk kümmern will.

Und des Herrn Wort geschah zu mir: Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der Herr: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?
So spricht Gott der Herr: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen.
Denn so spricht Gott der Herr: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war. Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und an allen Plätzen des Landes. Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels.
Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der Herr. Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.
Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der Herr.

In Jesus Christus macht Gott sein Versprechen war. Jesus ist der gute Hirte. Im Evangelium nach Johannes Kapitel 10, aus dem auch unser Wochenspruch stammt, erhebt Jesus diesen Anspruch.
Evangelium: Joh. 10,11–16 + 27–30

Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht –
und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.
Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater.
Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.

Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.
Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann es aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins.

Was Jesus über seine Aufgabe sagt ist genau das, was Hesekiel den Israeliten zusagt. Gott will seine Schafe selbst weiden, sich selbst um sein Volk kümmern. Jesus erfüllt diese Zusage Gottes an sein Volk, denn er ist, wie er selbst sagt, eins mit dem Vater. Jetzt kann man natürlich fragen: „Was haben wir von den Zusagen, die Gott vor 2600 Jahren seinem Volk Israel machte und die Jesus 600 Jahre später einhält?“ Die Frage wäre berechtigt, wenn sich Jesus nur an das Volk Israels wenden würde. Aber da ist im Evangelium der, für uns so wichtige Satz: „Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.“ Damit sind wir gemeint. Jesus ist nicht nur der Messias, der rechtmäßige König für die Israeliten. Jesus ist der gute Hirte für alle Menschen, die an ihn glauben, egal ob Israeliten oder Heiden. Sein Opfer am Kreuz war auch für uns, um uns mit Gott zu versöhnen.

Lied EG 385, 1-3
Klavier und Gesang
unsere Organistin Erika Burnett


1. "Mir nach!", spricht Christus, unser Held,
"mir nach, ihr Christen alle!
Verleugnet euch, verlasst die Welt,
folgt meinem Ruf und Schalle,
nehmt euer Kreuz und Ungemach
auf euch, folgt meinem Wandel nach!
2. Ich bin das Licht, ich leucht euch für
mit heilgem Tugendleben.
Wer zu mir kommt und folget mir,
darf nicht im Finstern schweben.
Ich bin der Weg, ich weise wohl,
wie man wahrhaftig wandeln soll.

3. Ich zeig euch das, was schädlich ist,
zu fliehen und zu meiden
und euer Herz von arger List
zu rein'gen und zu scheiden.
Ich bin der Seelen Fels und Hort
und führ euch zu der Himmelspfort.

Predigt: 1. Petr 2,21b–25

Die Gnade unseres Herren Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Liebe Gemeinde, unser Predigttext steht im 1. Petrusbrief Kapitel 2 die Verse 21b bis 25:

Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der, nicht wiederschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet; der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. Denn ihr wart wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.
Der Herr segne das Reden und das Hören. Amen.

Liebe Gemeinde, in unserem Predigttext zum Hirtensonntag ist erst ganz am Schluss, im letzten Satz die Rede von Schafen und dem Hirten. Der Brief war an die christlichen Gemeinden in Kleinasien gerichtet. Aber auch nach über 2000 Jahren ist er immer noch aktuell. Betrachten wir ihn also mal so, als hätte Petrus ihn an uns geschrieben.
Wir, die verirrten Schafe, die aus dem anderen Stall, wie Jesus sagt, sind umgekehrt zu ihm, dem guten Hirten und Bischof unserer Seelen. Bischof kann man in diesem Zusammenhang auch mit Beschützer übersetzen. Möglich wurde diese Umkehr nur dadurch, dass Jesus für uns gelitten hat und sogar für uns am Kreuz gestorben ist. „Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ Damit hat die Sünde keine Macht mehr über uns. Wir sind frei für ein Leben der Gerechtigkeit. Dazu sind wir berufen, wie Petrus am Anfang unseres Predigttextes schreibt. Jesus ist unser Vorbild.
„Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir.“
„Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen.“

Man sagt ja manchmal, dass der Nachfolger in die Fußstapfen seines Vorgängers tritt. Das heißt für gewöhnlich, dass er ein Ersatz für ihn ist. Aber wie ist das mit uns und Jesus? Seinen Fußstapfen nachfolgen, ist das nicht ein paar Nummern zu groß für uns? Das ist ganz sicher so, aber darum geht es auch nicht. Wir können und sollen Jesus nicht ersetzen sondern nur seinem Beispiel folgen und von ihm lernen. Wörtlich schreibt Petrus, dass Jesus uns eine Schreibvorlage hinterlassen hat, damit man ihr nun nachschreibt und durch entsprechende Übung immer besser schreiben lernt. Das heißt im übertragenen Sinn, die Linien des eigenen Lebens danach ausrichten. Dass die Fußstapfen von Jesus für uns viel zu groß sind, als dass wir da hinein passen würden macht gar nichts. Im Gegenteil, das ist für uns sogar von Vorteil.
Stellen Sie sich einmal vor, dass Sie in einem tief verschneiten Gelände unterwegs sind. Da, wo nicht gespurt ist, ist das Gehen sehr mühsam wenn nicht sogar unmöglich. Wenn die Spur nun sehr groß und breit vorgegeben ist, ist es einfacher sie zu halten. Weil die Fußstapfen von Jesus so groß sind, haben wir, wenn wir in sie treten wollen mehr Spielraum. Ob man nun genau in der Mitte oder eher am linken oder rechten Rand läuft ist aber egal, solange man noch in der Spur bleibt. Und was ist, wenn nicht, wenn man sich im Dunkeln verläuft und plötzlich neben der Spur steht? Da ist es tröstlich, dass Jesus der gute Hirte uns sucht und uns nicht aufgibt.
In den Fußstapfen von Jesus laufen heißt ihm nachfolgen und das heißt, laut Petrus, seinem Vorbild folgen und von ihm lernen. Das ist ein lebenslanger Prozess und muss immer wieder geübt werden. Petrus hat das mit einer Schreibvorlage, mit der Schüler durch ständiges üben immer besser schreiben lernen, verglichen. Wir sollen üben unser Leben nach seinem Vorbild auszurichten. Am Anfang unseres Predigttextes nennt Petrus ein paar Beispiele, mit denen wir beginnen können.
Er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der, nicht wiederschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet.
Gerade in einer Krisenzeit, wie wir sie jetzt erleben, kommen die extremsten Lebenseinstellungen zum Vorschein. Sich da Jesus als Vorbild nehmen ist nicht immer ganz einfach. Absolut keine Sünde tun ist sicher eine Nummer zu groß für uns. Aber niemanden betrügen und sich keinen unberechtigten Vorteil gegenüber seinen Mitmenschen verschaffen, wäre doch ein guter Anfang. Auch die Welle der Hilfsbereitschaft, die wir jetzt erleben, ist ganz im Sinne von Jesus. Schwächeren und gefährdeten Menschen helfen, anstatt die Ellenbogen auszufahren und seinen Egoismus zu pflegen, das würde ihm gefallen. Ich denke, wenn Petrus seinen Brief heute verfasst hätte, würde er das auch erwähnen. In unserem Predigttext nennt Petrus andere Verhaltensweisen, die aber auch Ursachen einer Gewaltspirale sein können. Jesus hat auf Beleidigungen nicht mit Gegenbeleidigungen reagiert und als er leiden musste keine Rache angedroht. Stattdessen hat er es Gott anheimgestellt gerecht zu richten. Seinem Vorbild da zu folgen und alle Rachegedanken bei Gott abzugeben ist nicht leicht, wenn man zum Beispiel sieht, wie rücksichtslos im Moment einige Menschen sich verhalten. Da kommt man schon mal in Versuchung denen, die durch ihr Verhalten Menschenleben gefährden, zu wünschen, dass sie selbst erkranken und am eigenen Leibe spüren, was sie anderen antun. Das wäre nach unserem Verständnis doch nur gerecht, oder nicht?
Jesus handelt nicht so und Gott, der Vater auch nicht. Seine Gerechtigkeit sieht anders aus. Gott gibt nicht jedem das Gleiche. Gott sagt auch nicht: „Wie du mir, so ich dir“ Nein, Gott gibt jedem das, was er braucht.
„Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.“
Dazu ist Jesus gekommen, die verlorenen Schafe zu suchen und wieder mit Gott zu versöhnen. Er tut dies unabhängig davon ob man es verdient hat oder nicht. Er tut es rein aus Gnade und Barmherzigkeit: misericordias domini

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Segen
Der Herr segene dich und behüte dich
Der Herr lasse sein Angesicht leuchen über dir
und sei dir gnädig
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden
Nachspiel
Sei behütet
(Text und Melodie: Clemens Bittlinger, 1994)
Tenorflöte: Claudia Gasper
Sei behütet auch mitten in der Nacht.
Durch Sonnentage, Stürme und durch Regen
hält der Schöpfer über dir die Wacht.

1) Mitten in die graue Alltagswelt,
die sang und klanglos mich beengt,
höre ich ein Lied, das mir gefällt
und das mir Perspektiven schenkt.
2) Manchmal, wenn ein Tag zu Ende geht
und die Nacht durch alle Ritzen dringt,
spüre ich den Wind, der uns umweht
und diese Zeilen mit sich bringt.
3) Immer, wenn wir auseinandergehn,
spür ich Trauer, fühl mich allein.
Und bis wir uns einmal wiedersehn,
solln die Worte dein Begleiter sein.


Hinweise zum Copyright: Bei den Audioteilen wurden neben eigenen Aufnahmen auch Passagen mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaftaus gelesen aus: Die Große HörBibel – Die Bibel nach Martin Luther, © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Bibelstellen im Text sind aus die-bibel.de/bibeln/online-bibeln entnommen.